Die Zukunft der Werbung? Penetranz schlägt Relevanz!

Spannende Innovation am Werbehimmel: „Samsung’s smart TVs are inserting unwanted ads into users’ own movies!“ Anscheinend wollen uns Samsung & Yahoo dort mit Werbung beglücken, wo wir aktuell noch recht sicher davor sind - z.B. beim Schauen eines Films auf AppleTV. Wie das praktisch aussieht und wie die „Zielgruppe“ darauf reagiert, kann man hier sehen. Irre! Wer würde sowas buchen??

Als ich das gestern las, musste ich spontan an das nette kleine Facetime-Geplauder zwischen Richard Gutjahr und Amir Kassaei denken, das Richard letzte Woche unter dem martialischen Titel „Kriegsziel Kunde: Zum Zustand der Online-Werbung 2015“ in seinem Blog veröffentlicht hat: 

Ausgehend von der Frage, wieso Werbung heute nervt wie nie, werden darin viele richtige Dinge angesprochen - z.B. die Tatsache, dass Big Data bisher viel versprochen, aber nur wenig gehalten hat. Wer schon mal wochenlang von Online-Bannern voller Schuhen verfolgt wurde, die man bereits lange gekauft hat, weiss ganz praktisch wie sehr (digitale) Werbung wirklich nerven kann. Für Amir ist es ein Fehler hier weiter vor allem auf Reichweite zu setzen. Stattdessen würde Relevanz zunehmend wichtiger - um das Generve zu reduzieren. 

Eine These, die nicht ganz neu ist und die ich sehr gern glauben würde. Doch gefühlt geht die Entwicklung - wie auch das Beispiel Samsung zeigt - immer öfter in die entgegen gesetzte Richtung. Denn Werbeträger und Werbetreibende lieben Reichweite, weil sie so schön einfach ist. Relevanz dagegen ist kompliziert. 

Deshalb erscheint es für alle Beteiligten sinnvoller nach Wegen zu suchen, um der armen Sau „Endverbraucher“ auch in Zukunft jeden irrelevanten Schrott rein drücken zu können. Wenn das aktuell nicht mehr so richtig funktioniert, dann vielleicht nur, weil man es nicht konsequent genug versucht? Wie es aussieht, wenn man genau das tut, bekommt man recht anschaulich in der Episode „Fifteen Million Merits“ der exzellenten TV-Serie Dark Mirror von Charlie Brooker vorgeführt:

Hier leben die „Endverbraucher“ in kleinen Zellen, deren Wände komplett aus Bildschirmen bestehen und über die sie endlos mit belangloser TV-Unterhaltung auf RTL-Niveau sediert werden. Kaufen tun sie nichts mehr für sich selbst, sondern nur noch für ihren Avatar, der dafür vermeintlich überall dabei sein kann. Die Werbung zu ignorieren ist in dieser Welt schlichtweg unmöglich, denn während der Werbeblöcke wird einfach die Tür verriegelt; schliesst man die Augen, stoppt das Programm und ein schriller Ton fordert dazu auf, sie wieder auf zu machen - endlich eine überzeugende Lösung für die Ad-Blocker-Probleme der Vergangenheit. Und das alles ist erst der Anfang vom Horror! (Btw, so intelligent kann Technik-Kritik sein, wenn sie nicht aus Deutschland kommt - aber das nur am Rande)

Das Spannende an Brookers Medien-Dystopie ist die Tatsache, dass das meiste davon schon existiert: der hirn-abtötende TV-Content, der Kampf gegen das Ignorieren von Werbung, die Partizipationsillusion - alles schon da, hier nur einfach konsequent zu Ende gedacht!

Hoffen wir mal, dass uns dies in letzter Konsequenz erspart bleibt. Doch in welche Richtung es hier grundsätzlich geht zeigt am besten Facebook: da lief es an der Börse erst so richtig rund, nachdem man sich vom Dialog- zum Reichweiten-Medium gewandelt hat und nun mühelos globale Media-Etats unterbringen kann. Prima für die Werbung, nicht so schön für den "Endverbraucher". Denn dort, wo früher die Stories von Freunden waren, watet der nun knietief in gesponserten Topmeldungen - dies inzwischen auch auf mobilen Endgeräten mit Auto-Play Videos, bald anscheinend auch auf jedem beliebigen Bildschirm und alles natürlich perfekt "getargetet"....!?

Sicher wird so auch spannende, relevante und interessante Werbung möglich. Aber das ist halt kompliziert. Wer es einfach haben will und ausreichend Budget mitbringt, für den gilt in dieser schönen, neuen Werbewelt vielleicht noch mehr als früher:

Penetranz schlägt Relevanz!

Gerade wenn erstmal die grossen Budgets, die aktuell noch in TV-Werbung gehen, in digitale Werbung gesteckt werden, wird das alles erst so richtig spannend. Die Hoffnung darauf spiegelt auch der aktuelle Börsenkurs von Facebook wider.

Doch eine Frage wird dabei bisher kaum diskutiert: gibt es hier nicht eine natürliche Grenze? Wieviel Sponsored Spam u.ä. (vielleicht bald Auto-Play-Pre-Rolls?) kann man dem Endverbraucher in den Feed kippen, bis auch all das Targeting nix mehr hilft und der den Kanal dicht macht? Und was, wenn dann noch ganz viel Budget vom Shift TV zu Digital übrig ist??

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Chatbots do look cool - but won't solve the biggest Problem Brands face when „chatting“ with Consumers.

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Prozesskostenoptimierter Kundendialog am Beispiel der Deutschen Bank.